Verzaubert
Marlen Haushofer, ich liebe dich für dieses Buch. Es ist ein Schatz, den ich wohl nie entdeckt hätte, wäre da nicht meine Freundin gewesen, die mir ab und zu ihre liebsten Bücher empfiehlt.
Nach ihrer Inhalts-Beschreibung hätte ich Die Wand allerdings fast nicht gekauft, weil ich dachte, es sei bestimmt langweilig. Eine Frau, die die ganze Zeit über alleine in den Bergen ist? Und durch eine unsichtbare Wand von der Außenwelt abgeschottet ist? Was soll da schon passieren? Außerdem, wie unrealistisch ist das denn? Wie man sich doch täuschen kann. Es gab keine Minute, in der ich mich gelangweilt hätte. Und meine liebe Marlen schafft es sogar, so etwas wie eine unsichtbare Wand realistisch wirken zu lassen.
Eine Inhaltsangabe sagt einfach gar nichts über ein Buch aus.
Es ist der Schreibstil, der verzaubert: Die Beschreibungen der Katzen, des Hundes, der Liebe zu ihren Tieren, ihr Überlebenskampf.
Die Atmosphäre, die kreiert wird: Die wunderschöne Stimmung im warmen, heimeligen Häusschen, während draussen der Winter tobt.
Die Identifikation mit den Protagonisten: Ihr Reflektieren und ihre Kritik über die Welt, wie sie einst war.
Der Einfluss, den ein Buch auf uns haben kann: Die Wand hat meine Liebe zur Natur vertieft, hat mich den kleinen Dingen gegenüber achtsamer werden lassen.
Und die Emotionen, die beim Lesen hervorgerufen werden (siehe unten).
Deswegen wird es bei mir auch keine eigenen Inhaltsangaben geben. Stattdessen eine Textstelle.
Eine Lieblingstextstelle
Emotionen
Sind Emotionen nicht irgendwie das Wichtigste beim Lesen?
Wenn mich eine Geschichte weder traurig, ängstlich, wütend, noch gespannt oder freudig machen kann, weiß ich persönlich nichts mit dem Buch anzufangen.
Das war bei Die Wand natürlich nicht der Fall.
Was mich dieses Buch fühlen ließ: Zuneigung zu der Protagonistin und zu den Tieren. Geborgenheit und Zufriedenheit. Sehr viel davon. Wut. Tiefe Traurigkeit und Verbundenheit mit der Protagonistin. Ja, die Autorin hat es sogar geschafft, dass ich geweint habe, was mir nicht so oft bei einem Buch passiert. Eigentlich schaffen das nur meine Lieblingsbücher 🙂
Meine persönliche Verbindung zum Buch
Es war in der Anfangszeit in Hamburg, im Dezember, als ich Die Wand gelesen habe..
In dieser Zeit gab es einige Parallelen zwischen der Protagonistin und mir. Ich hatte auch mein altes Leben „verloren“ und „musste“ mit einem neuen klarkommen. Es gab keine Familie mehr, keine Freunde. Nur meine Katzen und meinen Freund. Und letzterer war 8 Stunden am Tag in der Arbeit.
Aber gerade diese Abgeschiedenheit.. habe ich lieben gelernt.. Ich habe langsam gemerkt, dass ich nicht viel brauche, um glücklich zu sein. Dass mir ein ruhiges, gemütliches Leben mit meinem Freund, meinen Tieren und der Natur genügt. Keine Party und kein Zusammentreffen mit meinen alten Freunden konnte mich so zufrieden machen wie die Zeit alleine in Hamburg.
Diese Entwicklung fand gleichzeitig mit dem Lesen dieses Buchs statt und deswegen hat es einfach perfekt gepasst.
„Seit ich langsamer geworden bin, ist der Wald um mich erst lebendig geworden. Ich möchte nicht sagen, dass dies die einzige Art zu leben ist, für mich ist sie aber gewiss die angemessene. Und was musste alles geschehen, ehe ich zu ihr finden konnte. Früher war ich immer irgendwohin unterwegs, immer in großer Eile und erfüllt von einer rasenden Ungeduld […]. Manchmal erkannte ich meinen Zustand und den Zustand unserer Welt ganz klar. Aber ich war nicht fähig, aus diesem unguten Leben auszubrechen. Die Langeweile, unter der ich oft litt, war die Langeweile eines biederen Rosenzüchters auf einem Kongress der Autofabrikanten. Fast mein ganzes Leben lang befand ich mich auf einem derartigen Kongress, und es wundert mich, dass ich nicht eines Tages vor Überdruss tot umgefallen bin. Wahrscheinlich konnte ich überhaupt nur leben, weil ich mich immer in meine Familie flüchten konnte. In den letzten Jahren schien es mir allerdings oft, als wären auch meine engsten Angehörigen zum Feind übergelaufen, und das Leben wurde wirklich grau und trübe.
Hier, im Wald, bin ich eigentlich auf dem mir angemessenen Platz. […] Aber wie sie mich alle gequält haben, mit Dingen, die mir zuwider waren. Ich hatte nur dieses eine kleine Leben, und sie ließen es mich nicht in Frieden leben.“
Immer wieder frage ich mich: Bin ich vielleicht einfach für ein abgeschiedeneres, ruhigeres Leben gemacht und war deswegen so unglücklich in meinem bisherigen turbulenten, stressigen Leben? Mit abgeschieden meine ich nicht unbedingt im Wald zu wohnen. Ich meine eher, nur eine Handvoll Menschen in seinem Leben zu haben oder vielleicht noch weniger als das und gerne alleine zu sein. Oder ist es die Depression, die mich dazu zwingt und mich irgendwann einsam und isoliert zurücklässt? Die meine unsichtbare Wand ist?
Ich weiß es nicht. Aber derzeit ist es einfach so und ich akzeptiere es. Wie die Frau hinter der Wand……..
Vonderlocke
Hallo,
Ich habe deinen Kommentar auf Maddies Blog gelesen und wollte unbedingt mal reinschauen und lesen was du machst.
Es war eine schwierige Entscheidung den Job zu kündigen und dass zu machen was du wirklich magst, ich verstehe dich 100% denn mir geht es nicht anders. Daher freue ich mich dich zu unterstützen und regelmäßig reinzuschauen.
Ich werde mir diesen Beitrag nochmals durchlesen um dir dann zu schreiben wie ich ihn finde.
Bis dahin ganz lieben Gruß!!
Ingrid Cat
Oh wie lieb!! Dein Kommentar hat mich gerade total gefreut 🙂
Ja es war wirklich schwierig, aber ich bereue die Entscheidung überhaupt nicht 🙂 Wenn du magst kannst du auch mal erzählen, was bei dir so los ist, denn du hast geschrieben, dir geht es auch nicht anders.
Hoffe es gefällt dir hier 🙂 :-*