Ein wichtiger Kommentar im Voraus: In diesem Text schreibe ich meine persönlichsten Gedanken aus… Gedanken, die man eigentlich nur einem Seelenverwandten ins Ohr flüstert, in der Hoffnung, verstanden zu werden… Aber ich werde das jetzt trotzdem posten und bitte versteht, dass das einfach NUR GEDANKEN sind. Die vielleicht sehr dadurch beeinflusst sind, dass ich Depressionen habe.
Mein Herz ist nicht leer. Es ist gefüllt mit fünf Liter Traurigkeit. Ich spüre es ganz genau. Da in der rechten Herzkammer… und in der linken… und in der Aorta.. ach überall. Ich weiß nicht mehr was ich liebe, was ich mir wünsche und wozu ich da bin. Einfach vergessen.
Langsam pumpt mein Herz die Traurigkeit in meinen ganzen Körper hinein, bis ich sie in jeder einzelnen Zelle spüre. Zum Beispiel in meinem kleinen Finger an der linken Hand. Er ist so traurig. So so traurig. Er möchte nicht mehr die Umschalttaste betätigen, sondern sich zur Ruhe legen. Mein Gehirn zwingt ihn aber weiterzumachen. Fieses Gehirn.
Sehen das die Leute um mich herum eigentlich? Wie ich mich gerade quäle, wie sinnlos gerade alles für mich ist? Ich glaube nicht… Sie sehen mich gar nicht. Die drei Mädchen neben mir unterhalten sich angeregt, lachen viel und sehen so lebenslustig aus. Ich wünschte ich wäre auch so fröhlich und hätte solche lustigen Freundinnen. (An Sevil: Es sind natürlich Türkinnen…)
Die Frau links von mir ist selbst mit Schreiben und Nachdenken beschäftigt. Vielleicht schreibt sie ja gerade genau dasselbe wie ich? Vielleicht geht es ihr auch schlecht? Hm irgendwie wäre das ein tröstlicher Gedanke.
Ich weiß nicht mehr was ich schreiben soll. Ich will eine Medizin gegen diesen Zustand. Wenn man Kopfschmerzen hat, dann kann man doch auch was nehmen. Wieso gibt es nichts gegen diese Traurigkeit? Oh oder gibt es doch was? Ich glaube es heißt Heroin? Heroin löst doch Glücksgefühle aus und macht, dass es einem gut geht, ganz egal was man vor dem Schuss gefühlt hat? Vielleicht sollte ich das ja mal testen.
Spaß. Zum Glück habe ich sehr früh „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ gelesen und „Jim Carroll – In den Straßen von New York“ gesehen, was mich für immer davor abgeschreckt hat, harte Drogen zu probieren.
Mir ist noch eine Sache eingefallen, die den Zustand verändern würde.
Der Tod.
Ich schreibe hier zum ersten Mal darüber, weil es ein sehr sensibles Thema ist. Das sehr sehr viele „gesunde“ Menschen nicht nachvollziehen können. Der Wunsch zu sterben. Der Gedanke an Selbstmord. Ich traue mich kaum, diese Sachen auszuschreiben. Vielleicht darf ich das, wenn ich versichere, mich nicht umzubringen und dass das nur Gedanken sind?
Okay?
Also… Ich frage mich häufig, ob es einen Zeitpunkt gibt, an dem man sich umbringen „darf“. Wann hat man genug gelitten? Wann ist es legitim, sich umzubringen? Stellen wir uns mal vor, eine Familie hat einen Autounfall, die zwei Kinder und der Ehemann sterben und nur die Frau überlebt. Könnt ihr euch den Schmerz, den sie fühlen wird, vorstellen? Darf sie sich nicht umbringen, um diesem Schmerz zu entgehen? (Ich rede übrigens von Menschen, die nicht daran glauben, durch Selbstmord in die Hölle zu kommen.)
Ich finde: Sie sollte dürfen. Gut, ich bin aber auch krank im Kopf. Mein Freund meint, ich denke solche Sachen nur, weil ich noch Depressionen habe. Ob das stimmt? Oder ob es auch gesunde Menschen gibt, die Selbstmord in manchen Fällen okay finden?
Nehmen wir mal meinen Fall: Ich hatte mit 15 vier Jahre lang Depressionen (oder wie auch immer man das nennt, wenn das so lange geht). Es ging mir so schlecht, dass ich mir jeden Tag gewünscht habe, zu sterben. Dann ging es mir besser und ich hatte keine Selbstmordgedanken mehr. Inzwischen sind sie wieder da, seit zwei Jahren schon. Und ich muss immer wieder kämpfen und kämpfen, damit es mir ansatzweise gut geht. Sagen wir mal, es würde mir mein Leben lang so gehen… wäre es dann FÜR MICH nicht besser, einfach zu sterben? Dann würde es mir nie wieder schlecht gehen. Einfach alles wäre vorbei. Nie wieder diese Traurigkeit, Ängste und Sorgen. Nie wieder Schmerz. Nie wieder kämpfen. Was spricht denn dagegen?!
Ganz ehrlich gesagt:
Mein Freund sagt immer, was dagegen spricht ist, dass das Leben wertvoll ist und es mir wieder besser gehen wird. (Und ich mich dann freuen werde, mich nicht umgebracht zu haben.) Dass Selbstmord einfach gar nicht in Frage kommt. Aber ich denke nicht so. Der einzige Grund, der für mich dagegen spricht ist, dass ich dann andere Menschen in den Abgrund reisse.
Meine Mutter… wäre wahrscheinlich bis an ihr Lebensende zerstört. Und was ich meinem Freund für einen Schmerz antun würde (und ICH wäre daran Schuld!), will ich mir gar nicht vorstellen. Was würde er denn dann tun?! In unserer Wohnung, mit unseren Katzen, mit all unseren Erinnerungen? Nein, wenn ich an diese Menschen denke, ist es unmöglich.
Aber manchmal, wenn mein eigener Schmerz zu groß ist, denke ich: „Wieso muss ich leiden, nur damit andere nicht leiden? Das ist nicht fair.“
Naja… Diese theoretischen Überlegungen bringen eigentlich gar nichts. Aber manchmal ist es wie ein Trost für mich… Der Gedanke, dass es da etwas gibt, das den Schmerz beenden kann. Und dass ich das in der Hand habe. Aber andererseits… habe ich es eigentlich nicht in der Hand, weil ich es niemals über mich bringen könnte, aus besagten Gründen.
-.-
Das mit dem Selbstmord… ist so eine komische Sache. Habt ihr „Steppenwolf“ gelesen? Dieses Buch spricht mir so aus der Seele. Es ist übrigens mein absolutes Lieblingsbuch und irgendwann werde ich hier mal die Stellen reinschreiben, die mich am meisten ansprechen.
Jetzt werde ich aber erstmal aufhören.. Ehrlich gesagt habe ich Angst vor eurer Reaktion. Vielleicht denkt ihr, dass ich sowas nicht schreiben sollte. Aber ich glaube, dass es anderen Depressiven helfen könnte, denn ich bin bei weitem nicht die Einzige mit Selbstmordgedanken. Und lieber spricht man gemeinsam darüber und leidet gemeinsam, als alles in sich reinzufressen?
Zusammen ist man weniger allein.
Nadja
Liebe Ingrid,
ich finde es gut das du deine Gedanken mit uns teilst. Und mutig. Vorallem mutig. Weil es wie du schon sagst ein Tabuthema ist. Ich ziehe meinen Hut vor dir! Auch ich denke manchmal über Tod und auch über Selbstmord nach. Einfach so. Ich habe keine Depressionen und bin im allgemeinen ein überaus fröhlicher Mensch. Aber auch sehr sehr nachdenklich und ich habe Tage an denen ich ohne Grund unendlich traurig bin und ständig weinen muss. Vielleicht sind das so Tage an denen ich nachempfinden könnte, wie du dich oft fühlst. Ich weiß es nicht. Vielleicht annähernd.
Ich denke jeder Mensch hat das Recht entscheiden zu dürfen, wann er nicht mehr leben will. Aber weil man immer auch andere geliebte Menschen damit unglücklich macht, können diese Entscheidung wahrscheinlich nur wirklich wirklich unendlich verzweifelte Menschen treffen…
Es ist schon vorgekommen, dass ich mir, als ich so darüber nachdachte, mit einer Klinge übers Handgelenk gestrichen habe, einfach nur um zu verstehen, wie man sich selbst verletzen kann. Ich kann es nicht. Ich habe zu viel Angst. Nicht vor dem Tod. Sondern vor dem Sterben. Ja davor habe ich sehr Angst. Und manchmal, wenn ich im Straßenverkehr unterwegs bin, zähle ich, wie oft ich schon hätte sterben können. Das klingt morbide, aber ich denke mir nichts dabei und dann bin ich erschrocken von meinen eigenen Gedanken….
Ingrid Cat
Tut mir leid, dass ich so lange für eine Antwort gebraucht habe! Dein Kommentar ist interessant… Denn irgendwie höre ich nie, was Menschen, die NICHT depressiv oder sonstwie erkrankt sind, über Selbstmord denken! Ich denke auch, dass jemand, der sich selbst umbringt, sehr sehr verzweifelt sein muss… Und ich weiß nicht ob man es so jemandem dann übel nehmen kann… Wieder andererseits gibt die Person vielleicht seinen eigenen Schmerz an seine Familie weiter. Ach keine Ahnung! Das Thema ist zu schwierig ^^
Aber trotzdem finde ich, dass man darüber reden und Meinungen austauschen kann. Danke für deine Ansicht <3
Nadine Wahl
Liebe Ingrid,
ehrlich gesagt weiß ich heute gar nicht, wo ich anfangen soll. Selbstmord also. Das ist in vielerlei Hinsicht kein leichtes Thema. Und ich denke, dass es bei uns tatsächlich so tabuisiert wird, weil wir so christlich geprägt sind und Selbstmord immer noch in vielen Köpfen als Sünde gilt, auch wenn diese Menschen nicht an Himmel und Hölle glauben. Und dann natürlich das Unverständnis dafür, sich selbst umzubringen. Was bringt einen Menschen dazu, sein eigenes Leben zu beenden? Leid. Schmerz. Unheilbare Krankheit. Wenn du aber „nur“ psychisch krank bist, wieso solltest du dir dann das Leben nehmen sollen?
Viele verstehen nicht, was seelisches Leid wirklich bedeutet. Wie weh es tut, in seinem Kopf mit all dieser Leere gefangen zu sein. Und mit all den Gedanken, die nicht dir selbst gehören. Menschen verstehen nicht, dass psychische Krankheiten auch richtige Krankheiten sind und oft eben auch körperliche Ursachen haben. Und dann noch wegen Depressionen, die ja DIE Volkskrankheit sind.
Ein Beispiel, das ich gerne bringe, ist, dass schwere Depressionen einen Mortalitätsrate von 20% haben. Das heißt, dass jeder Fünfte, der in einer schweren Depression steckt, sich erfolgreich das Leben nimmt. Und das ist eben keine freie Entscheidung, sondern die Krankheit. Depressionen sind tödlich. Tödlicher als viele Krebsarten. 20 Prozent. Das ist wirklich viel und macht Depressionen damit zu einer schweren Erkrankung. Du bist also schwer krank, wenn du Depressionen hast. Genauso schwer, als hättest du Krebs. (Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich finde diesen Punkt so unheimlich wichtig)
Und ich kann Selbstmord nachvollziehen. Ich war selber an dem Punkt, an dem ich es sogar versucht habe. Und weiß du was? Sobald das Blut lief, dachte ich nur „Scheiße, scheiße, scheiße, ich will doch aber leben!“ und bekam Panik. Das war so etwas wie mein Schlüsselmoment. Der Augenblick, als ich mir schwor, alles zu tun, um aus dieser Krankheit rauszukommen. Aber ich kann auch verstehen, wenn Menschen das nicht haben. Wenn Menschen sich wirklich umbringen wollen und einen inneren Frieden dabei spüren.
Es ist ganz schrecklich, Depressionen zu haben. Ich möchte etwas tun, aber ich habe keine Energie dafür. Ich hasse mich selbst. Ich strafe mich selbst. Und alles ist dumpf und ich fühle mich, als würde ich durch Gelee laufen. Kein Wasser, nein. Sondern etwas dickeres, eckliges, was überall ist und so unendlich schwer zu durchqueren ist, sich um die Gefühle legt und sie abdrückt, so wie man Geschwüre abdrückt. Es tut weh. Jeder Tag ist ein Kampf. Und sich zu verändern so unendlich schwer. Und es dauert alles so lange. Es dauert ewig, bevor etwas passiert. Und dann geht es immer wieder abwärts. Und während allem hasse ich mich selber so sehr, dass ich mir denke, ich hätte all das verdient. Und ja, Selbstmord erscheint da verlockend. Da mich ja eh Niemand braucht. Da ich dann für Niemanden mehr eine Last bin.
Aber es ist kein feiger und einfacher Ausweg. Suizid ist ganz und gar nicht einfach. Der menschliche Körper hält so viel aus. Und selbst wenn man sich die Pulsadern aufschneidet, dauert es ewig, bis man tatsächlich tot ist. Vom Hochhaus springen? Aber was, wenn man den Fall udn den Aufprall mitbekommt? Vor die Bahn werfen? haben schon zu viele überlebt. Vor einen LKW werfen? Egoistisch. Der arme Fahrer. Und so geht es weiter. Oh nein, Selbstmord ist nicht einfach.
Und wenn ich ehrlich bin, habe ich nie daran gedacht „Oh nein, das kann ich meinem Freund/ meinen Eltern nicht antun“ sondern eher „Dann sind sie mich los. Sie kommen drüber hinweg.“ Und tatsächlich kommen Menschen über Vieles hinweg.
So. Und jetzt kommt das große ABER. Ich finde, man darf über seinen eigenen Tod bestimmen. Man darf Selbstmord als Ausweg wählen. ABER die Entscheidung sollte nicht von mir allein getroffen werden. Ich war und bin nun einmal krank. Und die Selbstmordgedanken kommen nun einmal von den Depressionen, da hat dein Freund schon recht. Trotzdem sind sie ja gerade da und lassen sich nicht einfach wegschieben mit „Na ja, die gehören eben zu deinen Depressionen“. Und was, wenn dieser Zustand bleibt? Es gibt ja Menschen, bei denen nichts hilft und die in diesem Zustand bleiben.
Ich finde, es sollte nicht heißen „du darfst dich jetzt umbringen“ sondern „du darfst jetzt Sterbehilfe ausüben“. Denn man sollte das eben nicht ganz alleine entscheiden, ob man stirbt oder nicht. Man sollte durch ein langes und genaues Prozedere und Gespräche gehen müssen, bevor Jemand zustimmt und Sterbehilfe erlaubt. So weit ich weiß bekam in Belgien eine 26jährige Sterbehilfe aufgrund ihrer Depressionen. Nachdem sie dieses ganze Verfahren durchlaufen ist. Und ich finde, so müsste es sein. Und bevor es dazu kommt, muss alles Andere versucht werden. Niemand, der so krank ist, sollte alleine entscheiden dürfen, dass er sich das Leben nehmen darf. So viele würden dann sterben. So viele tolle Menschen, denen es vielleicht in 2 Jahren besser geht. Denn Depressionen sind gut behandelbar. Und das sind sie wirklich! Vor einem Jahr hätte ich noch gedacht, dass es nie besser wird und jetzt bin ich zwar nicht geheilt, aber das ist okay. Es ist okay, weil es mir besser geht und ich leben will und mich auf die Zukunft freue! Aber zum Thema Sterbehilfe sind wir in Deutschland sowieso noch nicht weit genug. Leider.
Und noch etwas: mir hat es nie geholfen, wenn Andere sagten „Es wird besser, glaub mir!“ oder „alles wird am Ende gut“, denn ich dachte dann voller Angst „Und was wenn nicht? Was, wenn es niemals besser wird?“. Denn besser ist so schwammig und verspricht dieses gleißende Licht am Ende des langen Leids, das man durchstehen musste. Aber da sgibt es nicht. Es wird anders. Das ist es, was du dir sagen musst. „Es geht vorbei“. Denn alles geht vorbei. Und das Leben schreitet ständig vorbei. Und alles ändert sich. Das ist kein Dauerzustand, auch wenn es dir im Moment so vorkommt. Aber glaub mir, wenn ich dir sage: das geht vorbei, Liebes.
In den schlimmen Mmenten hat mir eine Notfall-Liste immer sehr geholfen. Schreib da doch mal auf, was dir immer hilft, wenn du dich schlecht fühlst. Also so etwas wie Katzen kuscheln oder mit den Katzen spielen oder Achtsamkeitsübungen oder Kung Fury zu schauen oder Häkeln oder einfach mal alles runterzuschreiben oder mit Jemanden reden oder Cookies futtern oder ins Kino gehen oder Sushi bestellen. Und hänge dir Zitate auf, die dir helfen. Ich hatte mir in meinen Terminplaner einfach nur „Jetzt“ und „Hier“ geschrieben, weil ich es so wichtig fand, im Hier und Jetzt zu leben. Außerdem habe ich immer noch an meinem Bildschirm ein Zitat aus einem Interview mit Murakami hängen, was mir immer wieder hilft: „An meinem Schreibtisch bin ich Superman.“ Du siehst also, dass es keine großen Worte sein müssen. einfach nur eine Zeile, die dich unendlich berührt und dir nahe geht und die du nie vergessen möchtest.
Und jetzt fühle dich mal kräftig umarmt. Wir müssen auch gar nicht reden. ich möchte dich einfach mal in den Arm nehmen und für dich da sein. Weil Worte sowieso nicht helfen.
Ingrid Cat
Ich wollte noch auf diese Nachricht antworten! Wow, deine Worte. Da bin ich sprachlos. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll ausser DANKE für dein Verständnis und für (auch wenn es sich dumm anhört) deine Existenz.
„Viele verstehen nicht, was seelisches Leid wirklich bedeutet. Wie weh es tut, in seinem Kopf mit all dieser Leere gefangen zu sein. Und mit all den Gedanken, die nicht dir selbst gehören.“ Wie sehr du mir aus der Seele sprichst. <3
Verena
Liebe Ingrid, und liebe andere Menschen die hier kommentiert haben,
vor 3 Jahren hat sich ein Junge aus meinem Jahrgang vor einen Zug geworfen. Selbstmord. Irgendwann im Februar. Ich kannte ihn nicht gut, ich weiß nur dass er sehr gut aussah und ziemlich gut ein Instrument gespielt hat. In der Schule war er auch gut. Wenn andere Menschen nicht mehr leben möchten, verstehe ich das in den meisten Fällen nicht. Weil sie von außen immer so stark aussehen, so gefestigt, und meist ein Talent haben, irgendwas in dem sie gut sind. Dann frage ich mich immer, wie man nicht mehr leben können möchte, wenn man doch etwas hat, das einem Freude bereitet. Aber vielleicht bereiten diese Dinge den Leuten keine Freude, vielleicht verstecken sie damit, wie leer sie sich fühlen. Mein Fehler ist dabei dass ich, um zu verstehen, von mir auf andere schließen will. Und das klappt natürlich nicht.
Ich weiß nicht ob ich depressiv bin oder nicht. Ich weiß nur, dass ich mit 11, 12, bis ich 16 war, unglaublich traurig war, und müde, und einfach nicht mehr da sein wollte. So leer. Leider kommt noch dazu, dass ich in nichts wirklich gut war. Nichts, das mich ausfüllen hätte können. In der Schule hatte ich zwar überall irgendwas zwischen 1 und 2, aber wenn das immer und überall so ist, relativiert sich das. Hatte auch nie Spaß daran. Im Sport war ich nicht gut, nie so wirklich toll musikalisch, es gibt nichts, was mir irre viel Spaß macht. Kein Talent. Auf Bewerbungsgesprächen ist mir das später immer besonders aufgefallen. Mein Leben war nur okay wenn ich Bestätigung von Außen bekommen habe, oder wenn ich betrunken war. Und selbst dann wollte ich immer nur eines. Aufhören zu existieren. Ich wollte nicht sterben, denn auch ich habe mir immer Gedanken gemacht, wie sehr die anderen Menschen dann trauern werden. Aber ich wollte nicht mehr da sein, so als hätte es mich nie gegeben. In der Zeit musste ich oft mit der Bahn fahren, und ich hatte so Angst dabei, dass ich mich irgendwann nicht mehr ertrage und einfach vor einen vorbeifahrenden Zug laufe. Ich bin sehr froh, dass ich das nicht gemacht habe, aber manchmal gibt es diese Tage noch immer, an denen ich mir wünsche, es hätte mich nie gegeben. Ich hatte auch noch nie einen festen Freundeskreis, meist fühle ich mich alleine. Trotz meinem Freund und einer Handvoll weit verstreuter, sehr guter Freunde.
Es ist sehr mutig von dir, liebe Ingrid, dass du darüber schreibst. Denn du kannst dich nicht wie ich hinter einem bunt gemusterten Bildchen verstecken. Aber das ist gut so. Ich finde wir müssen offener mit dem Thema umgehen. Man sollte auch über Suizid ganz offen reden können, das finde ich sehr wichtig, weil alles in sich hineinfressen, ganz alleine mit den dunklen Gedanken sein macht alles nur noch schlimmer.
Ingrid Cat
ohhhhh vielen Dank für deinen Kommentar! Was du geschrieben hast, dass du nicht STERBEN wolltest, sondern einfach aufhören zu existieren……. Das ist genau das, was ich in solchen Momenten immer fühle. Ich denke dann: Wenn ich jetzt einfach mit den Fingern schnipsen könnte und von der Erde verschwinden würde, würde ich es tun. Manchmal denke ich dann auch: Warum musste ich geboren werden? Und dann wiederum habe ich Angst, ein Kind zu bekommen, das irgendwann mal genauso denkt. Ich will meinem Kind sowas nicht antun 🙁
Und ich finde es auch wichtig, über das Thema zu sprechen, besonders Gleichgesinnte zu finden, denn das Schlimmste ist, wenn man niemanden hat, der einen versteht. Der da ist zum Reden. Und der zeigt, dass es ganz normal ist was man da fühlt und denkt. (Normal in dem Sinn, dass es zu einer psychischen Krankheit oder zu einem Tief dazugehört.)
Denkst du denn noch immer, dass du nichts kannst und keine Beschäftigung hast, die du liebst? Das hat mich sehr an einen Text erinnert, den ich mal geschrieben habe: http://ingridcat.com/du-musst-gar-nichts-tun-um-wertvoll-zu-sein/
Ich wünsche dir, dass du irgendetwas findest, das dir Spaß macht und das du liebst <3
Nicole
Ich bin ganz bei dir!!! Du sprichst mir aus der Seele. Meine Therpeutin sagt, dass man an Selbstmord ruhig denken darf. Das nimmt den innerern Druck oder Schmerz oder Traurigkeit, egal was es ist, es zeigt einen Ausweg auf. Nämlich den, sich das Leben zu nehmen, wenn es (das Leben) nicht mehr zu ertragen ist.