Was würde ich jetzt schreiben wenn ich nur für mich schreiben würde? Ich stelle mir jetzt vor, ich schreibe nur in ein Word-Dokument, anstatt in den WordPress-wieheißtdasding. Ich würde Folgendes schreiben:
Ich bin müde. Und fühle mich überfordert. Ich bin nicht in meiner gewohnten Umgebung, nicht in meinem geliebten Alltag, keine Kätzchen sind da um mir Ruhe zu schenken und kein Schatz um mich zu umarmen. Meine Oma ist süss, aber sie macht mich verrückt. Gestern um 22:30 Uhr kam sie ins Wohnzimmer und war völlig aufgelöst, hat sogar geweint und war felsenfest davon überzeugt, meine Eltern hätten einen Unfall gehabt. Nach einer halben Stunde versichern, dass wirklich gar nichts passiert ist, sagte sie endlich, dass ich sie ein bisschen beruhigt hätte und dass Gott sei Dank nichts Schlimmes passiert ist und dass meine Eltern „nochmal Glück gehabt hätten“.
Oma: Sind sie mit einem anderen Auto zusammengestoßen?
Ich: Nein nein, wie kommst du auf sowas?
Oma: Also ist nichts passiert?
Ich: Neeeein, gaaaar nichts!
Oma: Gar nichts??
Ich: Jaaa sie sind doch nur im Urlaub!
Oma: Ja aber… sie sind doch gefallen?
Ich: Neeein, es geht ihnen gut, sie sind am Strand in Spanien! (Ich hole mein Handy um ihr Fotos zu zeigen.) Schau, das ist die Mama im Hotel, das ist der Papa, der Muscheln gesammelt hat! Siehst du?
Oma: (Sieht das lachende Bild von meiner Mutter) Ohhhjee was die alles durchmachen müssen! Ja wie lange müssen sie jetzt im Krankenhaus bleiben?
woigjemow rijgpergkü# wkrgp wj fokjwpjweüfgkwü#egk kjbgowenjpögwk üdflbüdfbp
So schlimm war es mit ihr noch nie. Dass man ihr einen Satz sagt und sie ihn einfach nicht verarbeiten kann, einfach nicht kapiert, dass ABSOLUT NICHTS passiert ist.
Mein Vater erzählte mir dann, dass sie auch mal überzeugt davon gewesen wäre, dass mein Vater in der Garage eingeschlossen wäre und sie dann die Nachbarin geholt hätte hahahahahahahah Obwohl mein Vater nicht mal Zuhause war.
Bei diesen Geschichten weiß man nicht ob man lachen oder weinen soll. Über das mit der Garage kann ich lachen, weil ich nicht dabei war und es sich so lustig anhört. Über das von gestern mit dem Unfall kann ich nicht lachen, weil sie sooolche Sorgen hatte und ich richtig gemerkt habe, wie sicher sie sich war, dass etwas Schlimmes passiert wäre.
Meine Mutter hat mir dann in Whatsapp gesagt, warum sie vielleicht auf so eine Idee gekommen ist: Meine Tante wurde diese Woche operiert und hat das letzte Woche meiner Oma erzählt. Meine Oma behält solche Fakten im Kopf, jedoch ist ihr Gehirn ein kleiner Cocktailshaker, der alles schön durcheinandermixt und raus kommt eine völlig neue Geschichte.
Als ich noch klein war
Meine süsse Oma. Ich möchte noch mehr von ihr erzählen. Als ich noch klein war, hat meine ganze Familie in einem Haus gewohnt: Meine Großeltern mütterlicherseits (mit dem schlimmen Großvater) im Erdgeschoss, meine Eltern im 1. Stock und meine Großeltern väterlicherseits oben im 2. Stock neben meinem Bruder und mir. Das waren mein über alles geliebter Opa und die Oma, von der ich die ganze Zeit erzähle.
Meine Oma weckte mich jeden Morgen auf und wenn schönes Wetter war, sang sie immer ein Steh-auf-Lied:
Erwacht, ihr Schläfer drinnen!
Der Kuckuck hat geschrien,
Hoch auf des Berges Zinnen
Sieht man die Sonn‘ erglüh’n,
Erwachet, erwachet
Der Kuckuck hat geschrien
Kukkuck! Kukkuck!
Kukkuck! Kukkuck!
Ohhh diese ersten zwei Zeilen :'( Es erinnert mich so sehr an früher…
Doch je älter wir wurden, desto mehr nervte es uns, von so einem Lied geweckt zu werden. Das Zusammenleben von Enkeln und Großeltern ist gar nicht so einfach wie man denkt. Besonders wenn man ein bestimmtes Alter überschritten hat, aber noch immer wie ein Baby behandelt wird. Und ihr wisst ja, wie pubertierende Menschlein sind. Sie wollen Unabhängigkeit, in Ruhe gelassen werden, erwachsen behandelt werden und haben ihren ganz eigenen Kopf. Wobei ich sagen muss, dass mein Opa uns eigentlich immer richtig behandelt hat.
Meine Oma ist zwar ein herzensguter Mensch, aber auch extremst überfürsorglich und infolgedessen nervig ^^ Schon als mein Bruder und ich Kinder waren und sie noch nicht dement und schwerhörig war, teilte sie uns eine Million mal am Tag mit, was wir ihrer Meinung nach zu tun hatten. Ihre Lieblingssätze waren:
Komm, iss etwas. (Ein Wunder dass wir nicht dick geworden sind)
Mach das Fenster zu, es ist zugig.
Zieh dir noch was an, es ist zu kalt.
Es regnet draußen, nimm dir einen Regenschirm mit.
Nimm dir eine Jacke mit.
Ist das (irgendein Lebensmittel, sogar ÄPFEL) nicht zu kalt? Wärm es auf!
Und diese Sätze hörten auch nicht auf als ich 18 und mein Bruder 24 war. Heute bin ich 28 und sie passt noch immer auf mich auf als wäre ich ein Kleinkind. Im Video (das ich heute noch hochlade) erzähle ich ein bisschen davon, aber das ist nur ein mini Ausschnitt von unserem Omasitting-Alltag.
Meine Nerven!
Ohjeee wenn ihr wüsstet! Ich glaube, niemand, der nicht auch eine demente UND schwerhörige UND überfürsorgliche Oma hat, kann sich vorstellen, wie sehr das die Nerven zermürbt. Und sie ist nur so schlimm, wenn meine Eltern weg sind und ich auf sie aufpasse. Ich bekomme also die volle Ladung Oma ab. Tausende Fragen darüber, wann meine Eltern zurückkommen und Millionen Aufforderungen, ich solle doch dies und jenes tun.
Zum Beispiel habe ich mich gestern Abend auf den Balkon gelegt und wollte eine halbe Stunde in Ruhe malen. IN RUHE. Was passiert? Meine Oma kommt, setzt sich daneben und sagt alle 20 Sekunden:
Komm, gehen wir rein, es ist zu kalt hier draußen! (Hallooo es ist Juni und 23 Grad.)
Komm, zieh dir noch was an, du erkältest dich.
Soll ich nicht die Tür zumachen, es ist zu zugig.
Und ich denke mir so: Das gibt es doch nicht? Gibt es da draußen noch einen Menschen der SO ist? Und wie soll man darauf reagieren? Wenn ich meine Ruhe brauche, brauche ich meine Ruhe. Wenn ich dann alle paar Sekunden Fragen und Aufforderungen höre, drehe ich durch. Wenn ich ihr höflich sage, dass ich ein bisschen alleine sein will, sagt sie, sie ist jetzt still, und nach einer Minute geht es von vorne los. Freiwillig lässt sie mich also nicht in Ruhe. Was soll man also tun?!? Man muss sie doch dann an die Hand nehmen und zur Tür bringen?!? Und wenn sie dann nach 10 Minuten wieder kommt, was dann? Ochhhhhhh…. Nur wenn ich davon schreibe, kribbelt es schon in mir und ich spüre die Unruhe hochkommen. Ihr wisst ja auch, dass ich nicht der psychisch stärkste Mensch bin und dass ich ziemlich schnell überfordert bin und dann meine Auszeit von der Menschheit brauche.
Aber ich wollte mich mit diesem Text nicht beklagen oder so! Ich wollte nur ein bisschen erzählen, wie es so mit meiner Oma ist. Denn alle sagen zu mir „genieß die Zeit mit deiner Oma“, dabei wissen sie gar nicht, wie anstrengend und schwierig die Zeit für mich ist, psychisch gesehen.
Ich werde es natürlich überleben und dann umso dankbarer sein, in meine Oase der Ruhe zurückzukehren: In meine geliebte Wohnung in meinem geliebten Hamburg, bei meinem geliebten Schatz und meinen Kätzchen. Ohhh wie unglaublich sehr ich mich darauf freue!
Aber ich bin trotzdem froh, hier zu sein und diese 2 Wochen auf meine Oma aufzupassen, weil wer weiß.. Vielleicht ist es das letzte Mal…
Laura
Hallo Ingrid 🙂
ach deine Oma ist echt süß. Meine Oma ist zum Glück nicht dement aber auch so dolle schwerhörig… und ich kann gar nicht laut sprechen oder gar schreien, also muss man auch alles tausend mal sagen. Das kann echt nerven und für mich ist das so anstrengend. Zum Beispiel heute morgen wollte ich meiner Oma nur sagen, dass die Sonne scheint, sie war noch im Bett und ist dann ganz schnell aufgestanden, weil sie dachte es ist irgendwas. Dann habe ich die Jalousien hoch gemacht und sie meinte so „oh die Sonne scheint ja“. „Ach das wollte ich dir doch die ganze Zeit sagen Oma.“ 🙂 Und das mit dem kalt, also das nichts kalt sein darf, hat meine Oma auch. Sie hat früher auch alles in den Ofen gestellt vor allem Getränke. Oder auch Salat. Salat z.B. Nudelsalat oder Kartoffelsalat darf für sie nie im Kühlschrank stehen, sondern muss schon ganz früh vor dem Essen rausgestellt werden um warm zu werden. Ich finde es schön, wie du mit den ganzen Sachen umgehst und darüber auch lachen kannst. Liebe Grüße 🙂
Ingrid Cat
Achhh du weißt gar nicht wie gut es tut, über ähnliche Erfahrungen zu lesen! Dass es belastet und schwierig ist, wenn jemand so schwerhörig ist. Ich finde sogar die Schwerhörigkeit schlimmer als die Demenz, weil man ihr einfach NICHTS erzählen kann. Man gewöhnt sich dann auch an, weniger zu sagen, weil man weiß, sie versteht mich sowieso nicht.
So witzig dass deine Oma auch diese Anti-kalt-Eigenheit hat ^^ Ich war so froh als ich von zuhause auszog und ohne Gemecker ALLES in den Kühlschrank stellen konnte 😀 Auch Getränke und so ^^ Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße zurück! <3
Laura
Oh ja! Ich finde das auch so schlimm, generell wenn Leute schlecht hören. Und bei meiner Oma auch so unglaublich schade, weil wir keine richtigen Gespräche führen können. Das ist so traurig manchmal früher habe ich gedacht, was ich ihr alles erzählen könnte, aber sie kann nicht hören und ich kann nicht gut laut reden.