Ich komme nicht klar. Mit gar nichts. Ich habe gedacht, Bloggen und Videos drehen wären die schönsten Beschäftigungen der Welt und würden mich glücklich machen. Irgendwie ist das auch so, aber… irgendwas komisches geschieht mit meinem Selbstwert.
Sehr schnell hat sich mein Fokus von der Tätigkeit an sich auf die Bewertung durch die Leser/ Zuschauer verschoben. Ich denke nicht mehr „ohh ich habe so Lust ein Video zu schneiden und meine kreative Ader auszuleben!!!“, sondern nur „hm wird mein Video auch nicht zu langweilig sein? Werden sie es mögen? Was wenn nicht? Dann bin ich ein VERSAGER VERSAGER VERSAGER!!!! durchschnittlich, langweilig, nix wert.“
In allem will ich zu den Besten gehören. Denn ich habe gelernt, dass ich nur Aufmerksamkeit und Anerkennung bekomme, wenn ich nicht durchschnittlich bin, sondern die Beste. (Ich war sehr gut im Sport und mein Vater war deswegen immer sehr stolz auf mich, hat mich stolz angelächelt usw.)
Diese Wahrnehmung zieht sich wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben. Als ich in der Schule nicht mehr Klassenbeste war, sondern „nur noch“ Durchschnitt, habe ich mich gefühlt als wäre ich nicht mehr vorhanden. Im Studium ging das so weiter. Psychologie in Tübingen, mitten unter den ganzen 1er-Absolventen, ich, die wie eine Verrückte gekämpft hat um überhaupt eine 2,2 im Abi zu bekommen. Völlig fehl am Platz. Alle waren perfekt. Eine Präsentation, die eine 1,75 als Note bekam, galt schon als schlecht. Eine 2 kam dem Todesurteil gleich. Oh Gott. Wenn ich zurückdenke, kommt mir das alles so verrückt vor. Aber diese Mentalität meines Studiengangs hat meine Art zu denken nur noch verschlimmert.
Meine neuen Noten sind Klicks und Likes
Bloggen und Youtube fühlte sich am Anfang nach Freiheit an. Und jetzt realisiere ich, dass ich einfach nur eine Bewertung meines Selbst durch eine andere eingetauscht habe. Meine neuen Noten sind Klicks, Likes und Kommentare. Ihr bestimmt, wie viel ich wert bin (so fühlt es sich an). Ich realisiere, dass ich schon wieder abhängig von äußeren Dingen bin… und kann doch NICHTS dagegen tun!
Ich weiß nicht WAS ich tun könnte!
Am allerschlimmsten ist das bei Youtube. Und ich merke, wie jeder damit zu kämpfen hat, wie sich jeder Klicks und Abonnenten wünscht und komische Dinge dafür tut. Wie sie sich zwingen, regelmäßig Videos hochzuladen, nur wegen diesem dämlichen Youtube-Algorithmus. Kann man Youtube denn nicht ausüben ohne dabei an das Feedback zu denken? Sondern einfach nur aus Spaß???
Ich will das SO GERNE schaffen. Aber jedes mal, wenn ich ein Video hochgeladen habe, schaue ich die Aufrufe an, die Bewertung und ob es Kommentare gibt. Wenn ein Video viele Aufrufe hat (wie z.B. die capsule wardrobe – Videos) freue ich mich. Und nach dieser Freude werde ich langsam süchtig.
Ich schaffe es einfach nicht, meinen Selbstwert auf gesunde Weise aufzubauen. Mich zu lieben, ohne dass andere mich toll finden müssen. Meine Selbstliebe hängt komplett von anderen ab. Und trotz Therapie und Übungen schaffe ich es einfach nicht, es zu ändern.
Und noch eine Sache…
Ich denke so viel darüber nach, dass ich es schaffen muss, mit dem Schreiben Geld zu verdienen… dass ich dabei meine aller erste Priorität vergesse……. Gesund zu werden.
Ich WILL NICHT MEHR darüber nachdenken. Aber es geht einfach nicht aus meinem Kopf. Denn wie soll mein Leben weitergehen, wenn ich es nicht schaffe?
… und immer wenn ich an diesem Punkt ankomme, wird mir ganz schwer ums Herz.
Wie soll mein Leben in einem Jahr weitergehen?
…
Die Psychologin der Arbeitsagentur hat gesagt, ich muss ausruhen… entspannen… gesund werden… Sie hat nicht gesagt, dass ich pausenlos darüber nachdenken soll, wie mein Leben nach dieser „Krankschreibung“ weitergehen soll. Ich muss mir JEDEN TAG SAGEN, dass diese 6 Monate für MEINE GESUNDHEIT da sind. Nicht für meine berufliche Zukunft oder sonst irgendetwas. Ich MUSS aufhören mit Geld-verdienen-Plänen!!!!!!!!
…
Aber das ist wirklich gar nicht so einfach.
Ohne Geld kein Urlaub. Kein Hundi. Keine Wünsche. Keine Selbstständigkeit. Kein gutes Gefühl.
Und wo ist eigentlich meine Therapeutin wenn man sie braucht?!
Kathrin
Hallo, liebe Ingird,
mir ist nach dem Lesen Deines Textes die Autorin und Bloggerin Kathrin Weßling in den Sinn gekommen. Kennst Du sie schon? Ich kann mir vorstellen, dass Sie Dich inspirieren könnte. Auf youtube kann man sogar ihr Buch „Drüberleben“ von ihr selbst vorgelesen anhören: https://www.youtube.com/watch?v=OuhqEi-fgmA
Viele liebe Grüße und bleib weiter so wach und aufmerksam für das, was geschieht mit Dir und der Welt <3
Kathrin
Ingrid Cat
Tut mir leid, dass meine Antwort so spät kommt! Vielen Dank für den Tipp, ich kenne sie noch gar nicht und werde mir das auf jeden Fall anhören! Bin gespannt um was es geht 🙂
Viele Grüße zurück <3
Juli
Dieses Gefühl von likes und co habe ich bei Instagram. Deshalb auch der Umzug in ein kleineres Profil. Ich hang ständig am handy weil ich sehen musste wer was geliked und kommentiert hat. Das ist heut noch teilweise schlimm weil ich mir auch überlege was ich an text drunter schreibe und wie die Reaktionen darauf aussehen. Wer dazu welche Meinung hat. Grässlich aber langsam wird es besser, ich poste bsw keine Selfies mehr, die Anfragen mir zu folgen lehne ich direkt ab ( so im Sinne des Minimalismus) und poste nicht jeden tag. Wenn du raus hast wie man davon los kommt sag Bescheid!?
Ingrid Cat
Jetzt komme ich endlich mal zu einer Antwort! Ich glaube den meisten Leuten auf Insta und den anderen Medien geht es so, obwohl viele so tun als wäre ihnen die Bestätigung egal ^^ Aber jeder Mensch möchte Bestätigung, sei es nun durch gute Noten, Lob auf der Arbeit oder durch Likes 😛
Ich finde das auch voll schlimm und nervig (also bei mir selbst), dieses ständige Schauen und Erwarten… wobei es jetzt bei mir eher bei Youtube & Blog ein Problem ist und nicht mehr so bei Instagram.
Und ich weiß nicht wie man es los wirdddd :'( ^^ Wenn ich es weiß, schreibe ich 🙂 ^^
Verena
Eine ganze Zeit lang hab ich auf Instagram und Facebook (oder Tumblr, wo ich früher gaaaanz aktiv war) ständig irgendwas gepostet, in der Hoffnung dass irgendwer es mag und ich mich bestätigt fühlen kann. Das lag wohl irgendwie daran, dass ich mich nicht schön gefühlt habe. Auf jeden Fall habe ich irgendwann, ich glaube es war in der Lernphase vor dem Abi, alles gelöscht, alle Social-Media-Konten deaktiviert. Das tut so unglaublich gut! Auch wenn ich mittlerweile fast alles wieder habe, kann ich jedem empfehlen, mal für ein paar Monate alles zu löschen. Es verändert, wie man die Sachen sieht. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass das für viele leider nicht möglich ist.
Ingrid Cat
Jaaa, ich hab auch mal (vorletztes Jahr) eine Instagram-Pause gemacht und gemerkt wie dieser Wunsch nach Bestätigung geringer wurde. Aber jetzt bin ich so involviert in soziale Medien, dass das nicht mehr geht, denn dann müsste ich ja mit youtube, Blog und Instagram aufhören 😀 Wie heißt du denn auf Instagram (und hast du da auch Bilder)? Du bist mir sehr sympathisch 🙂 <3