Vielleicht hilft dieses morgendliche Schreiben, sich über bestimmte Zweifel oder negative Gedanken bewusst zu werden und sie zu „verarbeiten“… Ich überlege nämlich gerade, warum ich gestern nicht stolz auf meinen Van war. Mein Bruder, seine Frau und deren Eltern waren zu Besuch (und natürlich Emil) und sie wollten den Van sehen. Und zum ersten Mal hab ich keinen Stolz gespürt, sondern wollte ihn am liebsten gar nicht zeigen. Wieso, frag ich mich??
Vielleicht weil ich sooo lange brauche? Und ich denke, für die Zeit, die da investiert wurde, sollte er wie ein Luxus-Wohnmobil aussehen und nicht so sehr… selbstgemacht. 😑 Und dass er einfach NOCH IMMER nicht fertig ist… Ich weiß ja… ich bin ja kein Profi… aber es gibt so bestimmte Bemerkungen von Leuten, die mir das Gefühl geben, dass ich ein Loser bin… Ein Nachbar kam letztens vorbei und sagte sowas wie „was macht’n ihr hier noch immer“. Er war dann zwar begeistert, aber ach ich weiß auch nicht.
Wieso brauche ich so lange… Und ist das okay… Eigentlich ist es okay, denn ich hatte keinen Abgabetermin und ich hab es mir auch nicht rausgesucht, alles allein zu machen. Wer sagt, dass ich schnell sein muss? (Mein Kopf sagt es.) Gefühlt sind alle anderen schneller als ich! Wie kann das sein?! Der eine Dennis Koburger macht schon seinen tausendsten Van, während ich noch beim ersten bin. Und er ist ja auch kein Profi! Wieso bin ich so langsam?! Bin ich faul?! 😑 Ich glaube, das ist es, was mich bedrückt.
Die Angst, faul zu sein. Denn das DARF MAN NICHT, sagt der Glaubenssatz in meinem Kopf. Er sagt: Wenn du schon keinen richtigen Job hast, dann mach wenigstens den Van schneller zu Ende, du fauler Sack!! 😆 Ja, so gemein kann mein Kopf sein 😢
Aber man darf faul sein… Katzen sind auch faul und trotzdem sind sie wertvoll und toll. (Sie schlafen genau in diesem Moment links und rechts neben mir auf der Küchenbank.)
Lieber Kopf, lass mich doch bitte faul sein, okay?!? Und hör auf zu denken, dass man das nicht darf!! Faul sein ist schön!!!!!
🌿☁️
Kathi
Hey du! Ich glaube nicht, dass du faul bist. Im Gegenteil! Du baust zum allerersten Mal im Leben einen Van um. Da macht man Fehler, muss Sachen neu überdenken, muss Dinge planen, die man vorher noch nie geplant hat. Und das gehört dazu, es ist richtig und wichtig, dass du dir die Zeit nimmst, da du dich ja auch damit wohlfühlen möchtest. Und wer auch immer „Dennis Koburger“ ist, wenn er schon den tausendsten Van baut, hat er vielleicht inzwischen die Expertise und das Wissen, wie man einen Van baut. Schließlich hat er diesen Prozess schon mehrfach wiederholt. Vielleicht ist er aber auch nicht mehr gründlich genug oder steckt weniger Herzblut hinein und ist deswegen so schnell? Und überhaupt warum braucht man 1000 Vans, wenn man doch nur den einen braucht um damit seine Reise zu beginnen? Und warum muss es schnell gehen? Ist es nicht schöner, sich bewusst Zeit zu nehmen, den Prozess des Schaffens zu genießen und das Gefühl des „das wird MEIN EIGENER VAN“ komplett in sich aufzunehmen? Ich denke, dein Weg ist der Richtige. Und wer auch immer Dennis Koburger ist, ich beneide ihn nicht, da er dieses Gefühl bestimmt nur noch in der abgespeckten Variante erfährt. Aber dich beneide ich. Nicht in der wirklich neidischen Form, aber in der Form, dass ich mich so sehr für dich freue, dass ich die Erfahrung gerne selbst machen möchte und ich gerne in deiner Haut stecken würde.
Babsi
Du bist sicher nicht faul, ich könnte in 100 jahren keinen Van ausbauen. Wahnsinn was du schon alles geschafft hast – wahrscheinlich hab ichs verpasst oder überlesen, aber warum wollt ihr ihn unbedingt „fertig“ oder „perfekt“ kriegen, wenn ihr ihn eh verkauft – vielleicht nervt es deswegen, weil du es für andere und nicht für dich machst.
Undine Almani
Also ich denke, dein Kopf hat da schon auch recht. Ich meine, in einem Jahr blickt man zurück und denkt „Warum hab ich mir nicht ein bisschen mehr Mühe gegeben?“. Geht mir jedenfalls oft so. Empfehle dazu paar Videos von @struthless auf YouTube… Der redet auch viel über Kreativität und Perfektionismus, sehr interessant. Hab auch sein Buch, nicht die hohe Kultur aber ein schöner Gute-Nacht-Les. Ich dümpel hier auch so vor mich hin, seit ich meinen „richtigen“ Job hinter mir gelassen habe, aber im Endeffekt muss man auch den „falschen“ Job dann wie einen Job behandeln, sonst wird das nichts. Ich sehe Schuldgefühle und FOMO als ein richtig gutes Warnsignal. Wenn es nämlich stimmt, dann sollte man auch was machen. In 10 Jahren werde ich garantiert nicht sagen „Oh Mann, ja damals hatte ich auch voll das Burn-out und habe die Zeit gebraucht. Gut, dass ich für mich da war und mich selbst geliebt habe, trallalla.“ Ich werde mir an den Kopf fassen und denken „Oh Mann, Alter… damals war es noch 100× einfacher und ich hab sinnlos rumgejammert, wegen nix!“ Stimmt vielleicht nicht immer, aber ich kenn mich und ich kenn „reales Burn-out“ und reale Müdigkeit (vom Job). Ich denke, man ist heute so brainwashed von dem ganzen „flow-Leserinnen-Lifestyle“-Zeug, dass man gar nicht mehr weiß, was Stress eigentlich ist, aber sich trotzdem ständig gestresst fühlt. Es kommt aufs Gleiche raus, aber über Letzteres hat man Kontrolle. Über einen Boss, der zu unberechenbaren Zeiten ausrastet nicht unbedingt… Also mach! Mach, was du kannst! Jetzt. Heute abend noch. Danach fühlst du dich besser und weißt, dass du was geschafft hast, selbst wenn es nur ein kleines Teilchen war.
Habe mich dank deiner Beiträge dazu hinreißen lassen, auch mal wieder zu schreiben. Aber gut anfühlen tut es sich auch nicht. Gute Gefühle sind harte Arbeit.